Falensischer Reiseführer – Echenon

Häufig streife ich wochenlang durch die Länder, nur um der Kritik meiner Frau zu entgehen.“ – Isolkis Fenre

Echenon hat mich eigentlich nie interessiert, bis ich vom Spiegel von Echenon erfahren habe.“ – Manifis Thuloris

 

Viele glaubten, dass das Königreich Echenons durch einen Putsch oder eine Intrige eines fremden Landes unterging, doch dem kann man nur widersprechen. Wer durch die Einöde Echenons marschiert, der wird rasch den grauen, seltsam schmierigen Boden bemerken. Es ist ein tristes Land, fern jeglicher göttlichen Macht, das mit einer meterdicken Ascheschicht bedeckt ist und durch selbige auch einen Großteil der Bürger verloren hat. Doch wie soll in einem Land, in dem weit und breit kein Vulkan zu sehen ist, von Asche förmlich überschüttet werden? Sie hätten es sich bereits denken können: Blesien, obwohl so fern Echenons, ist dafür verantwortlich. Aber wie konnte ein so weit entferntes Königreich etwas wie dies verschulden? Vor vielen Jahrhunderten schleuderte anscheinend einer der zahlreichen Vulkane Blesiens eine wahre Fontäne aus Staub, Dreck und Asche gen Himmel. Nun war nur noch ein kräftiger Nordwind von Nöten, der diese Wolke des Verderbens über das Stück Meer zwischen den beiden Ländern wehte und perfekt war die Katastrophe, als all das Unheil auf Echenon hereinbrach. Dies sind natürlich nur Spekulationen, doch die Wahrscheinlichkeit, dass es sich so zugetragen hat, ist sehr hoch. Keinem Gelehrten würde ein anderer, vernünftig klingender Grund einfallen.

Wer einen Spaziergang dorthin wagt, wird bald die mangelnde tierische Präsenz spüren, jedoch eine stete Brise bemerken, die einem erneut die Asche in Mund, Nase und Augen schleudert. Auch wenn viele Pflanzen unter den Aschebergen begraben liegen, fluorierte gerade eine Strauchart hier, die bisher noch nicht bestimmt wurde. Die Asche ist anscheinend ein idealer Dünger, denn die Pflanzen gedeihen prächtig. Gräser werden scheinbar sofort wieder bedeckt und somit abgetötet, doch dies prägt auch das Landschaftsbild enorm. Neben vielen, kleinen Klumpen, die auf den Aschefeldern liegen, zieren gerade die Büsche Echenon. Kaum zu glauben, dass gerade dieses Land einst als eines der wohl artenreichsten Regionen Hyderias galt. Nur zu gern würde ich die Wesen dort sehen, die einst über die smaragdgrünen Felder schritten und durch den azurblauen Himmel flogen. Doch gerade der Himmel scheint wohl der Grund zu sein, warum sich niemand mehr lange dort aufhält, denn er ist stets von Wolken bedeckt, die sich wie eine Decke über Echenon gelegt haben. Melancholie ist hier die Begleiter einer jeden Person. Ob der wolkenbedeckte Himmel durch die Asche oder aus einem anderen Grund herrscht, kann man nicht klar sagen. Nach dem Versuch, mich einen Monat durchgehend in Echenon aufzuhalten, hatte ich nur drei Tage, an denen ich die Sonne auf meiner nach Wärme lechzenden Haut gespürt habe. Jedoch war ich am Ende dieser dreißig Tage so mit den Nerven am Ende, dass ich nicht vorhatte, in der nächsten Zeit meinen Fuß wieder in dieses triste Land zu setzen. Außerdem soll irgendwo in diesem Land nahe Philitiens der berüchtigte Spiegel der Jungfrau, oder auch als Spiegel von Echenon bekannt, versteckt sein. Dies ist wohl auch einer der einzigen Gründe, weshalb sich überhaupt eine Seele hierhin verirrt.

Sollten sie sich Echenon ansehen wollen, so empfehle ich reichlich Tücher für den Mund, eine Kopfbedeckung, falls sie den von Asche verfilzten Haaren entgehen wollen, ausreichend Proviant und vor allem Wasser, denn es gibt keinen Teich, keinen See und keinen Fluss der nicht von Asche verpestet ist. Wollen Sie jemandem beweisen, ein echter Kerl zu sein, dann wagen Sie doch alleine ein paar Tage der Einsamkeit in diesem verlassenem Reich.

Viele behaupten jedoch, dass eine andere Ursache der Grund für den Untergang Echenons ist. Allgemein bekannt war, dass die Bürger Echenons nicht gerade die gläubigsten Personen waren, nein sogar im Gegenteil! Angeblich schlossen sich viele Kulten an, die Götter anbeten, von denen man keinen einzigen Namen aussprechen kann. Ein gutes Beispiel dieser Gebetsstätten des Bösen, als welche sie häufig bezeichnet werden, ist zum Beispiel der Tempel von Mogharwis. Wagt man einen Fuß hinein, erkennt man sofort grässliche Malereien an den Wänden, schaurige Skulpturen und natürlich überall Asche und Staub. Blutige Rituale wurden hier durchgeführt, was man an den am Brustkorb aufgebrochenen Tierkadavern erkennen kann und angeblich hatten sich einige nach der Aschekatastrophe hierhin zurückgezogen, um ihre fremden Götter um Hilfe zu bitten. Doch gerade diese schienen sie verraten zu haben. Der Rest Hyderias sieht dies als Strafe der echten Götter. Meine Frage hierbei lautet jedoch, welche Stimmen habe dann ich in den Tiefen des Tempels gehört, wenn ihre Götter nicht existieren? Die, der unsrigen oder die, der ihrigen? Oder waren es bloß meine eigenen Gedanken, die mir empfahlen umzukehren?

 

Hochachtungsvoll,

 

Isolkis Fenre

 

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